Hallo Leute!
Ich fahre seit circa 30 Jahren Motorrad. Angefangen hat es mit einer Africa Twin RD03 (Typisches Anfängermotorrad. 1999 wurde es damals die neue Triumph Tiger (die "rundgelutschte"). Die wurde dann auf Straßenreifen umgebaut (hinten 180er). Damit ging es recht flott voran. Der Motor hört sich wie ein Sack Schrauben an, aber der 3 Zylinder hatte natürlich was...
Danach wollte ich nicht Abstinent werden und habe mir die letzte Vergaser Bonneville gekauft. Das Teil habe ich mehr geputzt als gefahren. Schön war sie ja... Danach wäre erst Mal Pause. Bis die neue Africa Twin auf den Markt war. Ich hatte das Gefühl, dass ich damit noch eine Rechnung offen hatte. Mit der Adventure Sports war sie vom Konzept meiner alten RD03 recht ähnlich. Also wieder so ein Trumm von Motorrad. Nach 3 Jahren hatte ich wieder jedes Mal, wenn ich in die Garage ging, das Gefühl: eigentlich musst Du jetzt in die Alpen! Es wurde dann aber doch wieder "nur" die Hausstrecke (Bergisches Land). Irgendwie durfte wieder simpler und mehr "Motorrad" sein...
Also ein "haben-will"-Liste erstellt. Ganz oben stand eine Maschine, die ich vor Jahren mal zur Probe gefahren bin und die ich ganz gut fand:
BMW rnine T racer
Im Gegensatz zur Triumph Thruxton kam ich damit gut zu Recht. Da sie inzwischen eingestellt wurde, hätte ich nur eine gebrauchte nehmen können. Die waren oft verbastelt und es hat nicht so richtig gepasst.
Auf Platz 2 landete die Kawasaki z900 RS. Ebenfalls ein sehr schönes Motorrad. Der Vierzylinder hat sicher auch was. Aber irgendwie war mir das zu sehr mainstream.
Aussenseiter-Chancen und auf Platz war dann die Moto Guzzi v7 iv, wobei ich mir da noch wenig Gedanken über die Variante gemacht habe.
Der nächste Händler ist in Wuppertal. Aber 1. liegt der etwas ungünstig mitten im Gewusel und 2. hatte er nur die Stone. Die anderen würden eh' nicht nachgefragt... Ok! Seine Sache....
In Neuss gibt es einen Händler, der irgendwo im nirgendwo liegt. Der hatte alle Varianten da und machte einen sehr kompetenten Eindruck. Dort werden auch Aprilia Renn-Maschinen vorbereitet.
Wir wurden uns schnell einig. Ich habe mich dann für eine V7 Stone Special Edition entschieden. Die "normale" Special war mir etwa zu altbacken mit zu viel Chrom. Nicht falsch verstehen: wunderschönes Motorrad! Die normale Stone finde ich auch schön, aber die Special Edition hat (für mich) das gewisse extra (im wahrsten Sinne)...
Als Kinde der 70er kenne ich Mythos Guzzi natürlich vom Hörensagen. Ich konnte mir aber nur bedingt etwas darunter vorstellen....bis ich mal ein paar Meter damit gemacht habe. Eigentlich habe ich etwas ähnliches wie meine Bonneville (siehe oben) erwartet. Zumal von den Eckdaten ähnliches zu erwarten war. Aber die Guzzi ist ganz anders!
Zum ersten der Motor! Natürlich! Es wirkt von außen schon nicht so filigran. Wie soll ich das beschreiben? Das ist vom Start weg ein sympathisches Aggregat. Keine Zicken; immer präsent; nicht herausfordernd. Genau das wa ich gesucht habe! Die Sitzposition ist versammelter als auf meiner Africa Twin. Klar! Aber ich finde, dass man auf der Guzzi sogar besser sitzt. Das passt zumindest bei mir wie angegossen. Bei 189 cm will das was heißen... Die Sitzbankmulde stützt etwas und der Lenker hat die perfekte Neigung. Man sitzt vorwärts ausgerichtet. Genau so soll es (für mich) für eine etwas aktivere Fahrhaltung sein. Ob es den Arrows-Auspuff der Special Edition braucht, weiß ich nicht. Er "bringt" zusammen mit einem anderem mapping 3 PS und ein paar Newtonmeter. Der Verkäufer meinte, dass man im Rennsport dafür gerne 10 Tsd. Euro und mehr ausgibt... Ok! Reicht die Leistung? Allemal! Um auf der Landstraße Spass zu haben ist das genug. Autobahn macht eh' wenig Sinn. Alles über 120 KM/h ist nicht Ihr Metier alleine wegen des Winddrucks. Sie ist da perfekt, wo ich es brauche: Landstraße, Stadt. Überbrückungsfahrten auf der Autobahn sind aber auch kein Problem. Im Gegensatz zur Africa Twin will ich damit ja nicht jeden Tag in die Alpen... Der Karmann ist ein Traum. Ich hatte Lastwechsel-Reaktionen erwartet. Das ist aber alles im grünen Bereich. Die Armaturen der Stone sind natürlich Mäusekino. Sie machen aber, was sie sollen und sind dabei erstaunlich gut ablesbar. Das hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Die Guzzi hat keine Kraftstoffanzeige geschweige den Restreichweite. Dafür geht, sobald man die Reserve erreicht hat, eine Anzeige an, die anzeigt, wie viele Kilometer man mit Reserve gefahren hat. Kurios! Bei 4 Liter Reverse kann man sich ausrechen, dass man wahrscheinlich noch 80 KM fahren. Der Tank ist aber für so eine Art Motorrad so groß (21 Lister), dass das (zusammen mit einem Verbrauch zwischen 4 und 5 Liter/100 KM) eh' nie ein Problem sein wird. In Testberichts wird gerne als störend empfunden, dass die Ganganzeige so verzögert ist. Guzzi weist an mehreren Stellen in der BA darauf hin, dass die Ganganzeige sich aus Geschwindigkeit und Drehzahl ergibt. Mit gezogener Kupplung ist der gewählte Gang so nicht zu ermitteln und wenn man einkuppelt erkennt die Anzeige das recht flott. Man kann Dinge auch unnötig zerreden wollen... Mir reicht die Anzeige allemal (wenn ich sie überhaupt brauche).
Insgesamt ist es sehr wohltuend, dass sich das Motorrad auf das wesentliche beschränkt. Eine USB-Schnittstelle zum Hand-laden habe ich inzwischen nachgerüstet. Unter der Sitzbank ist die passende Vorrichtung schon vorinstalliert. Strom gibt es nur, wenn der Motor läuft. Ist für mich perfekt. Kabel an den Lenker habe ich selbst verlegt...
Es gibt tatsächlich 2-3 Sachen, die mich auch stören:
Bremshebel - als "2-Finger-Bremser" ziehe ich mit dickeren Handschuhen den Hebel zu nah an den Gasgriff. Mit dünnen Handschuhe geht es. Ich werde wahrscheinlich neu Hebel installieren (lassen).
Die Lackierung des Tanks ist sehr empfindlich. Die ersten Kratzer hatte ich schon, als ich nur Staub wegwischen wollte. Der Magnet-Tankrucksack (von SW-Motech; klasse!) hat auch schon Spuren hinterlassen. Mal sehen, wie sich das entwickelt...
Die gelben Markierungen an vielen Schrauben "ab Werk" hätte man auch anders machen können. Rot hätte besser zur Maschine gepasst.
Zum Schluss noch ein paar positive Sachen:
Die Lenkerspiegel der Special-Edition finde ich nicht nur hübsch. Sie sind auch richtig gut!
Die Serienbereifung von Dunlop vermittelt viel Vertrauen mit reichlich Reserven.
Der Frontscheinwerfer und die LED-Beleuchtung rundum sind richtig gut.
Obwohl ich erst knapp über 1.000 KM gefahren habe, bin ich im Guzzi-Mythos angekommen und vollends überzeugt von der V7. Ein paar Projekte mit der Maschine würden mich reizen: Sozius-Sitzbank-Abdeckung (fahre eh' immer alleine); Umbau der Armaturen auf Special (ich gebe zu, dass die klassischeren Rundinstrumenten besser aussehen. Klare Sache!). Sonst fällt mir Augenblick (noch) nichts ein...
Tolle Maschine! Freue mich auf tolle Gespräche und (vielleicht) Treffen.