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Querverkehr

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  1. Fahrt. Bin wieder auf der Spur Richtung Süden. Bis Mandelgov ist es nicht mehr weit, glaube ich. Der Weg, eher die Piste, lässt gerade Vollgas zu. Stehend 130 km/h auf `nem sandigen Feldweg ist so schlecht nicht. Dennoch ist Vorsicht geboten. Man weiß ja nie, was an der nächsten Kamelkarreneinmündung wartet. Und Zeit ist ja ausreichend vorhanden. Den Drehhebel ein bisschen nach vorne. Tempo achtzig reicht auch. Das Wetter ist gut. Nicht zu warm nicht zu kalt. Sonne steht am Himmel, kein Wölkchen zeigt sich. Blue Skies. Traumhaft. In der Ferne Hügelkuppen zu erkennen. Das Moped fährt sich prima und gut ausbalanciert. Ordentlich gepackt eben. Nichts klappert, nichts scheppert, alles hält. Sauber. Das Hinterrad tänzelt gelegentlich links und rechts, dreht auf dem losen Untergrund durch, Querdrifts inklusive. Sehr klasse. Beherrschbar. Vor mir einige neue Einspülungen vom seitlichen Gelände in die tiefen Spurrillen. Muss offenbar irgendwann geregnet haben hier. Aber sonst sieht alles trocken und unbefahren aus. Sechzig ist schnell genug bei dem jetzigen Zustand und Gehoppel. Haut sonst so ins Kreuz. Und ständig auf den Rasten will man ja auch nicht stehen. Fordert trotzdem konditionell, die Strecke. Mal gut, dass ich vorher genügend trainiert hatte. Mukki-Bude, Radfahren und, ehrlich! Gymnastik. Man glaubt kaum, wie geschmeidig man dann auf so einem Sattel hocken kann. Hat aber auch langer Überredungskunst bedurft, mich selbst dazu zu bringen, das durchzuziehen. Dafür aber die Schonkost dankend abgelehnt. Nein, ein, zwei Bier zum Abendessen darf schon sein. Der Feldweg wird schmaler, na, da vorne muss ja über 30 Meter Wasser gestanden haben, so wie das aussieht. Die beiden Spurrillen sind komplett mit Sand gefüllt und kaum mehr zu erkennen. Paar kleinere Steine dazwischen, die Oberfläche verkrustet und mit aufgespreizten, trockenen Nähten. Bissl mehr Gas, dann geht das schon. Das Vorderrad bohrt sich unvermittelt in den tiefen Matsch und geht sofort quer. Die Fuhre fliegt auf die rechte Seite, mich hebelt es drüber in die linke Spurrille. Mit dem Hintern zuerst in die vermeintliche Trockenstelle, auf die Schulter, halbe Drehung zur Körpermitte, damit der ganze Matsch auch zielgerichtet durch das geöffnete Visier in den Helm drücken kann. Der füllt sich schnell, auch die Nasenlöcher und den Mund. Das Rutschen hört auf, hocke da, Handschuhe aus, Helm runter, ausspucken, durchschneuzen, Augen wischen und hustend tief Luft holen. Tut was weh? Die Hüfte pocht ein wenig. Nix gebrochen. Das Moped hinter mir dreht auf Vollgas im dritten Gang, die Kette rasselt, das Hinterrad dreht wie besessen. Gasgriff blockiert. Drücke beide Hände in den Modder, rapple mich auf und stolpere zum Killswitch. Die Kette macht ein unschönes Geräusch. Aus. Jetzt tickert nur noch der heiße Motor samt Auspuff. Und der Wüstenwind weht leise. Shazbut! (Mork vom Ork) Ein Matschloch in der Wüste. Wo gibt es denn sowas? Ich sehe an mir runter. Sehe aus wie paniert. Rundum. Der Wind lässt den Dreck in meinem Gesicht schon verkrusten. Und der Wind hat auch nur die Oberfläche dieser Matsche trocken geweht. Daher diese rissige Struktur an der Oberfläche. Böse Falle. Aber um meine Makeup kann ich mich später kümmern, erstmal die Fuhre wieder aufstellen. Gar nicht so einfach mit dem Gepäck, dem großen Tank und dem Moped an sich. Seitenständer raus, flachen Stein suchen, ungefähr platzieren und dann von der rechten Seite aus hochwuchten. Jo. So der Gedanke. Zum Glück ist hier der Untergrund relativ fest. Stemme mich voll rein und wuchte. Aber nichts zu wollen. Mit Gepäck drauf einfach zu schwer. Und dank dem Matsch überall auch nicht richtig griffig. Weit und breit keine Menschenseele. Naja, was will man erwarten bei einer Personendichte von 2 pro km²? Da kommt keiner aus dem nicht vorhanden Gebüsch gehüpft und bietet Hilfe an. Nochmal versuchen. Hinterrad findet keinen Halt und rutscht weg. Mehrmals. Na dann. Gepäck runter. Kaum 35 Minuten später ist es geschafft. Die Karre steht noch triefend auf der anderen Seite des Loches, Gepäck wieder drauf und sogar ich konnte mich von dem Gröbsten befreien. Blick in den Spiegel. Makeup ist noch drauf. Wenigstens das Gesicht ab- und den Helm auswaschen. Wird sowieso eklig genug, den dann nass aufsetzen zu müssen. Aber es ist noch Licht und der nächste Ort noch weit. Also wieder drauf und weiter…. (to be continued)
  2. Servus Jügen. es geht bald weiter. Gespannt bleiben. Salud Uwe
  3. Nicht unbedingt mit einer Guzzi gefahren, aber: lest selbst! Bin Ende der Neunziger des letzten Jahrhunderts im Frühsommer mit dem Motorrad in der mongolischen Nordgobi unterwegs. Von Ulan Bator aus soll es nach Dalanzadgad gehen. Nahe der nordchinesischen Grenze. Sehr karge Landschaft. Sand, Steine, ein paar Büsche. Bin noch nicht lange unterwegs, und leider habe ich mich total verfranzt. Einer der vielen Sommer-, Winter-, Ausweichwege mit tiefen Spurrillen und Erosionsrinnen im freien Gelände war wohl der falsche. Teerstraße? Vielleicht in hundert Jahren. Aber wo bin ich? Karte? Lächerlich. Kompass? Grobe Richtung. GPS? Hahaha. Am Horizont kann ich eine Jurte entdecken, irgendwo im Nirgendwo, kann man ja mal fragen dort. Uiuiui, die Anfahrt ist etwas schwierig. Erst einen Hang runter durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Umfahren unmöglich. Kindskopfgroße Steine donnern an den Motorschutz und klingen wie hektische, arhythmische Glockenschläge. Das Geräusch gefällt mir gar nicht. Und die Fuhre ist in dem Geholper kaum zu halten. Das Gepäck hinten drauf zerrt in alle Richtungen. Der 30-Liter-Tank ist auch nicht gerade leicht. Mühevoll geht es im Schritttempo voran. Stein über Stein über Stein über… Zum Glück ist kein Wasser da. Aber wenn der Regen kommt, wird dieser staubtrockene Abschnitt zu einem reißenden Fluss. Da geht gar nichts mehr. Jetzt nur noch eine Auffahrt an der anderen Seite des Jarlag finden. Der Hang ist steil und steinig, das Hinterrad bricht aus, fasst wieder, bricht aus, fasst wieder. Fühle mich wie auf einem hoppelnden Känguru. Kleiner Sprung mit Schwung über den Rand. Wiese. Und gleich wieder ein Graben. Ausweichen unmöglich. Das Vorderrad taucht hörbar bis zum Anschlag ein, wieder hoch, das Hinterrad schlägt nach oben, mich katapultiert es von den Fußrasten, Beine in der Luft, parallel zum Boden, hänge ich am Lenker und das Wiederaufkommen auf die Sitzbank tut weh. Aber ordentlich. Frage mich sofort, was besser wäre. Dieser doch heftige Schlag in die Weichteile oder ein Sturz. Zähne zusammenbeißen und weiter. Jetzt ist ja Wiese. Die Lage der Jurte ist gut gewählt. Macht es Ungebetenen etwas schwer dorthin zukommen. Dazu zähle ich mich mal nicht. Jetzt langsames Heranfahren an die Behausung. Ist noch siebzig Meter weg. Ich kann ca. ein Dutzend festgebundene Pferde erkennen, Jungfohlen dazwischen, ein paar Schafe und Ziegen drumherum. Und Hunde. Sechs Stück. Und die sind sehr aufmerksam und meistens bissig. Müssen mich gehört haben, die Biester, weil schon kommt das Rudel angejagt, um den vermeintlichen Eindringling abzuwehren. Bellen, gefletschte Zähne, geifernde Lefzen. Noch sind sie etwas entfernt. Doch die Distanz wird kleiner. Na, hoffentlich geht das gut. Auf die Fußrasten gestellt und Vollgas Richtung Jurte. Vorher noch einen Tritt gegen einen tierischen Angreifer, die jetzt gleichauf sind. Verfehlt. Hält das Monster aber nicht davon ab, mir gleichfalls in Höchstgeschwindigkeit zu folgen. Und in der Gefolgschaft die anderen fünf. Und alle wollen mich schnappen. Die Jurte ist noch… Schei…, noch ein Graben. Rumms. Durch. … dreißig Meter weg. Ein Mann vor der Türe. Muss gerade erst rausgekommen sein. Blickt in meine Richtung. Drei, vier weitere Nomaden nun vor der Jurtentüre, gekleidet im traditionellen Deel, einem überknie langen Mantel mit orangefarbener Hüftbinde und beobachten mein Nahen neugierig und mit breitem Grinsen. Winke und grüße beim Ankommen höflich und bitte, die Hunde, die mich gleich haben werden, zu halten. Kurzer Pfiff, die Biester halten respektvoll Abstand, das Gefletsche hört auf und nur noch heiseres Bellen kommt aus den Hundekehlen. Uff. Kaum habe ich den Helm runter und bin abgestiegen werde ich sehr freundlich vom Herrn des Hauses, eigentlich der Jurte, empfangen und sofort hereingebeten. Jetzt bloß nicht auf die Schwelle treten. Bringt Unglück oder Verderb über das Heim. Die anderen drei Personen, keine vier, erweisen sich als die Gattin und zwei Kinder, große Kinder, fast schon erwachsen. Auch sie folgen in das Nomadenzelt. Der Duft ist heftig in der Jurte. Ein irres Gemisch aus allem Möglichem. Schweiß, Schlaf, Hammel, Hund, Blut, Ofenrauch, verbrannte Kuhfladen, Essen und irgend etwas unbestimmtes. Die Jurte misst ca. sechs Meter im Durchmesser, in der Mitte steht der Herd, vom Eingang aus links immer der Gastbereich, Kopfende der Platz des Mannes, rechts, die „Küche“, besser Geschirrlager mit kleinem Tischchen für Frauen und Kinder. Und das, wie ich nun auf dem Zeltboden erkenne, frisch geschlachtete Schaf. Schon gehäutet und zerteilt. Auf dem Herd simmert ein Topf leise vor sich hin. Teewasser, glaube ich. Ich konnte mein Anliegen noch nicht vortragen und versuche nun mit meinen rudimentären Sprachkenntnissen der Höflichkeit genüge zu tun. Aber zunächst wird mir eine Schale mit Airag / Kumis, vergorene Stutenmilch, vorgesetzt. Dankbar nehme ich an, bin durstig und auch vorbereitet. Hatte schon vor der Abfahrt ein paar Gläschen getrunken. Der Geschmack ist einzigartig. Dazu eine sehr geschmeidige Konsistenz, dickflüssiger als normale Kuhmilch. Richtig betrunken macht es nicht, nicht mal durcheinander, aber regelmäßig ist der erste Schluck im Jahr dazu geeignet, das eigene Gekröse von sämtlichen Inhalt zu befreien. Und das sofort und blitzartig. Das will man nicht, wenn man irgendwo zu Gast ist. Es tritt dann eine Gewöhnung ein. Vielleicht noch ein paar heftige Flatulenzen, aber der Speedrun zur Toilette ist passè. Wir kommen, so gut es geht, etwas ins Plaudern, woher, wohin (das will ich ja wissen), wie alt, Kinder, Pferde, Motorrad, (die russischen sind ja vieeeel besser). Es zieht sich, und ich werde etwas zappelig, das Licht draußen geht langsam weg und ich habe noch ein paar Kilometer vor mir. Meine Gastgeber lassen allerdings nicht locker. Offenbar kommt es nicht so oft vor, dass eine Langnase hereingeschneit kommt, die sich auch noch halbwegs verständlich artikulieren kann. Da ist das Informationsbedürfnis groß und man kann auch später noch lange drüber reden. Der am Morgen gemetzelte Hammel kommt jetzt in den Focus, dessen Teile noch an der rechten Seite der Jurte liegen. Auf dem Schemel daneben steht eine Schüssel mit Deckel. Ein Mädchen holt auf Anweisung die Schüssel, hält sie mir unter die Nase und bietet mir den Inhalt feil. Drinnen die grau gekochten Innereien des Hammels. Praktisch am Stück. Herz, Lunge, Nieren. Alles da, nur überhaupt nicht mein Ding. Schon der Anblick ist gruselig und der Geruch, der sich nach dem Öffnen des Deckels schlagartig in der Jurte verbreitet, erst recht. Ich fühle, wie ich blass werde. Jetzt in den Spiegel gesehen, ich hielte mich selbst für ein blutloses Gespenst. Schnell dankend lehne ich ab, traue mich und frage endlich nach dem Weg, raffe mich auf und verabschiede mich wohl etwas hastig, aber nicht ohne mich bei meinen Gastgebern mehrmals zu bedanken. Rauf aus Moped und weiter. In die frische Luft der Wüste. (to be continued)
  4. Servus Guzzisti! Freut mich, hier sein zu dürfen und über die Neuanschaffung fachzusimpeln. Die Sehnsucht nach dem Süden hat mich zu einer V7III getrieben. Euch allzeit drei Liter im Tank und gute Fahrt. Salut Uwe
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