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Madeira - das Blümchen am Berg


cbk

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Moin,

hier mal ein etwas anderer Reisebericht. Wir waren im Juli 10 Tage auf Madeira und Porto Santo unterwegs. Porto Santo ist die kleine Nachbarinsel von Madeira, die aber im totalen Gegensatz zu Madeira relativ flach ist und einen großen Sandstand bietet. Seit 2020 gibt es keine Autofähre mehr vom Festland nach Madeira, so daß durchaus Sinn macht dort ein Motorrad zu mieten. Die eigene Maschine müßte man ansonsten in einem Seefracht-Container auf das Archipel schicken. Zwischen Porto Santo und Madeira besteht hingegen ein täglicher Fährverkehr mittels Autofähre.

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Eigentlich sah der Plan so aus, daß wir zuerst drei Tage auf Porto Santo verbringen zur Entspannung. Leider kann man dort nur Motorroller mieten, so daß wir einen 125er Roller gemietet haben, um auf der Insel vorwärts zu kommen. "Richtige" Motorräder konnte man auf der kleinen Insel leider nicht mieten. Aber die Hauptstraße auf der Insel ist auch nur gut 8km lang und das komplette Straßennetz bringt es so auf 20-25km. Da reichte dann auch ein Roller für zwei Personen. Ihr seht hier die komplette Insel.

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Solltet Ihr auch mal dort hin kommen, kann ich Euch die Sunflower Bar empfehlen. Dort wird Euch die lokale Hopfenkaltschale (Coral Puro Malte) für 1,- € serviert und die dickwandigen Gläser lagern zuvor im Eisschrank, damit das Bier auch kalt bleibt. Da merkt man dann doch wieder, daß Portugal das Armenhaus Westeuropas ist und Madeira das Armenhaus Portugals. Also Restaurantbesuche für 10,- €/Person sind dort eher Standard als Ausnahme.

Anschließend ging es weiter mit Binter Air auf die Hauptinsel des Archipels. Für die 44km benötigte die Propellermaschine 15 Minuten.

Dort hatten wir dann zwei Motorräder gemietet. Eigentlich hatte ich nur nach einem Vermieter gesucht, der auch Maschinen mit niedriger Sitzhöhe im Programm hat, weil meine Holde mit hohen Maschinen wirklich auf Kriegsfuß steht. So sind ihr sämtliche BMWs zu hoch. So bin ich dann über diesen Vermieter gestolpert, der ausschließlich Honda nc700 bzw. nc750 im Programm hat, dafür dann aber in allen Ausführungen, also auch in "niedrig".

--> https://www.madeiraislandmotorcyclehire.com/

Auf einer Honda nc750 konnte meine Holde hier in Deutschland schon vorab mal probesitzen und es paßte von der Höhe. Es sollten auch zwei "richtige" Motorräder mit Motorbremse sein, weil Madeira ja nun doch für eher etwas steilere Straßen bekannt ist und ich bei sowas gerne eine Motorbremse habe bergrunter, die ein Roller ja nicht mitbringt.

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Und ja, die Ansage des Vermieters: "Für diese Insel braucht es Maschinen mit einem tiefen Schwerpunkt und mit reichlich Hubraum, auf das sie am Berg auch noch beim Anfahren losstampfen können wie ein Traktor", stimmte. Zwar hatten wir beide uns geschworen es nicht darauf anzulegen die steilste Straße der Insel mit ihren 45% Steigung zu befahren, aber die anderen Straßen waren mitunter nicht viel weniger Steil. Also bis zu 42% waren da schon angesagt am Berg und dann bitte an so einer Steigung noch anfahren und sofort abbiegen oder die Maschine um die Spitzkehre zirkeln. Trotzdem haben wir beide die Hondas nicht ein einziges Mal bei der Übung abgewürgt. 🙂

Irgendwie erinnerte mich die Tour an die Fahrschule vor inzw. 25 Jahren. Da wußte ich, warum mich damals der Fahrlehrer mit dem Motorrad ins Parkhaus geschickt hat und ich dort auf den steilsten Rampen anhalten und wieder anfahren sollte. Auf Madeira hat man halt gerne die Haltelinie des Stopp-Schilds genau an der Kante der Steigung.

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Da ist es doch sehr beruhigend zu wissen, daß man auch dort wieder weg kommt. Außerdem sollte man tunlichst nicht mehr als 100-120km pro Tag einplanen, denn ja, dort auf der Insel sind wir wirklich im 1. Gang unterwegs gewesen, bergrauf, um den Motor nicht mit zu geringen Drehzahlen in Verbindung mit zu großer Last zu quälen und bergrunter, weil man trotz 1. Gang noch durchgehend bremsen mußte. Die Motorbremse gab einfach nicht mehr her. Aber dafür wird man dann mit solchen Ausblicken wie hier runter nach Porto Moniz belohnt:

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Das Innere Madeiras ist halt doch richtig gebirgig.

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Also wenn Ihr auch so etwas vor habt, nur zu. So schlimm sind die Steigungen auch nicht, wenn man genug Hubraum hat und sich damit abfinden kann auch den 1. Gang mal wirklich zu benutzen. Solltet Ihr ein Hotel in Funchal - der Inselhauptstadt - nehmen, sucht Euch eines nahe an der Küste aus. Auf der Landkarte sehen die Hotels im Hinterland Funchals zwar gar nicht so weit entfernt aus, aber wenn man da Straßen mit über 30% Steigung und Treppenstufen im Bürgersteig erklimmen muß, können auch 300m Heimweg abends echt zu einer Herausforderung werden.

Ansonsten haben wir auf der Tour noch unser komplettes Gepäck verloren, es wurde uns erst am letzten Abend vor der Abreise komplett zerstört ins Hotel geliefert, und wir sind auch mit 26 Stunden Verspätung erst auf Porto Santo angekommen, weil der erste Flieger nach Lissabon eine Stunde Verspätung hatte und unser Anschlußflug schon weg war, aber das wichtigste Teil, nämlich die Verlobungsringe hatte ich im Handgepäck. Und nachdem die Angebete die ganzen Widrigkeiten ohne zu Murren mitgemacht hat, bestätigte es mich, daß es wohl die Richtige sein muß. 🥰

Edited by cbk
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vor 1 Stunde schrieb cbk:

Verlobungsringe hatte ich im Handgepäck.

Schöner Bericht :classic_smile: 

Harun

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Vielen Dank für deinen Reisebericht ... und herzlichsten Glückwunsch zur Verlobung 🥂

Ich erinnere mich noch an die Piste von Funchal. Die war teilweise auf Stelzen übers Meer gebaut. Mir war doch etwas blümerant zumute. Ist das immer noch so?

Beste Grüße
Ralf

 

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vor 51 Minuten schrieb MGNeuling:

Ich erinnere mich noch an die Piste von Funchal. Die war teilweise auf Stelzen übers Meer gebaut. Mir war doch etwas blümerant zumute. Ist das immer noch so?

Ja, das ist gottseidank auch heute noch so. Früher war die Landebahn sehr viel kürzer, das Stück auf den Stelzen fehlte halt, weswegen die Airliner zwar auf Madeira landen konnten aber für den Rückweg erst mit fast leeren Tanks nach Porto Santo fliegen mußten. Mit voller Tankladung wären sie auf der damaligen kurzen Piste nicht rausgekommen. Porto Santo hat, weil die Insel so flach ist, eine wesentlich günstiger zu bauende extrem lange Landebahn. Entsprechend wurde dort damals auf dem Rückflug nach Festland-Europa ein Tankstopp eingelegt.

Aufgrund der damals kurzen Landebahn gilt Madeira auch als einer der gefährlichsten Flughäfen Europas. 😢
Dabei ist es dort halt einfach nur so, daß die Flugzeuge im Endanflug eine leichte Kurve machen müssen und auch die Piloten der Airliner gefordert sind, weil es aufgrund der Berge kein automatisches Landesystem gibt. Der Autopilot bringt die Flieger nur bis in den Gegenanflug (ca. 10km vorm Aufsetzen) und der Pilot muß manuell die letzten beiden Kurven auf Sicht fliegen. Da bei Turbulenzen der Autopilot sehr viel schneller reagiert als es ein Mensch könnte, sind die Anflüge entsprechend immer etwas holperig.

Meine Verlobte fragte mich nach unserer Landung auch, wie ich bei den Turbulenzen denn die Ruhe hätte behalten können, sie wäre kurz vorm Schreikrampf gewesen. Tja, ich habe nur daran gedacht, daß ich ja von unserem Verein auch Kunstflug gewohnt bin, wir daheim in den kleinen Sportmaschinen eh keinen Autopiloten an Bord haben und immer nach dem Motto: "Ich bin hier, da unten ist die Piste, dann mal rein mit dem Otto..." mit viel Gefühl landen und der Pilot, der täglich mehrfach die Strecke zwischen den beiden Inseln fliegt wohl mehr Erfahrung mit dem Anflug hat als alle anderen Piloten, die da höchstens einmal täglich vom Festland rüber kommen.

Was uns beiden aber aufgefallen ist: Wenn ich bei unseren ganz kleinen Vögeln am Steuerknüppel sitze und sie neben mir vorne im Cockpit, unsere Vögel haben nur zwei Sitzplätze, und sie entsprechend selber nach vorne rausgucken kann, verträgt sie sehr viel mehr Geschüttel durch Turbulenzen, als wenn sie nur seitlich rausgucken kann in einem Airliner.

Edited by cbk
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vor 3 Stunden schrieb cbk:

[...]

Was uns beiden aber aufgefallen ist: Wenn ich bei unseren ganz kleinen Vögeln am Steuerknüppel sitze und sie neben mir vorne im Cockpit, unsere Vögel haben nur zwei Sitzplätze, und sie entsprechend selber nach vorne rausgucken kann, verträgt sie sehr viel mehr Geschüttel durch Turbulenzen, als wenn sie nur seitlich rausgucken kann in einem Airliner. [...]

Ach, das ist nur reine "Püchologie" ... wenn man weiß, wer am Steuerhorn sitzt, fühlt man/frau sich gleich sicherer 🙃

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Toller Bericht, danke fürs Teilen und natürlich Glückwunsch zur Verlobung 🥂

Madeira steht ja auch noch ganz groß auf meiner Liste, aber wenn ich das so mit dem Flug höre, wird mir ganz mulmig 😵 Nicht mal unbedingt wegen mir, aber ich glaub nach so ner Landung redet meine bessere Hälfte nicht mehr mit mir bis wir wieder Zuhause angekommen sind 🤷‍♂️😬

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@Centenario_DD
Je größer der Vogel desto ruhiger/gleichmäßiger wird der Flug. Das ist halt das Gesetz der Massenträgheit. Die Frage ist halt, ob man heute noch einem Piloten zutraut den Vogel rein auf Sicht, mit einer Hand am Steuerknüppel und der anderen Hand am Gashebel ohne Computerhilfe zu landen. Das ist auf Madeira nämlich gefordert, weil aufgrund der nahen Berge kein Instrumentenlandesystem installiert werden kann. Viele Passagiere bekommen da wohl Zustände, wenn sie das hören. 😢

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Glückwunsche zur Verlobung und danke für den Bericht!

Ich war seinerzeit auf Hochzeitsreise auf Madeira, damals haben die Piloten das jedenfalls noch hinbekommen, und an der Landung hat die Scheidung nicht gelegen, die kam viel später, vor 2 Jahren...

Ich war auch mal auf Korfu, da hört die ebenfalls sehr kurze Landebahn direkt am Zaun zu einer Straße auf, das klappt immer gerade so, man fliegt komplett über Meer an. Angebllich, jefenfalls damals, hatten die Piloten nach Korfu mehr Bammel als nach Madeira, wg. der ungenügenden Kommunikation mit dem Tower, man hat sich wohl zuweilen per Flügel wackeln verständigt, wer als nächster runter geht (aber vielleicht war das alles nur Pilotengarn).

Gruß

Jörg

Edited by Carboniere
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Am 3.8.2022 um 09:19 schrieb cbk:

@Centenario_DD
Die Frage ist halt, ob man heute noch einem Piloten zutraut den Vogel rein auf Sicht, mit einer Hand am Steuerknüppel und der anderen Hand am Gashebel ohne Computerhilfe zu landen. Das ist auf Madeira nämlich gefordert, weil aufgrund der nahen Berge kein Instrumentenlandesystem installiert werden kann. Viele Passagiere bekommen da wohl Zustände, wenn sie das hören. 😢

Das kann man den Piloten schon zutrauen. Es dürfen ohnehin nur Piloten mit entsprechender Zusatzberechtigung Madeira anfliegen...jedenfalls war das mal so. Ich glaube aber, daran hat sich nix geändert 

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vor 6 Stunden schrieb Gexx:

Das kann man den Piloten schon zutrauen.

Ich traue es mir mit unserer Vereins-Bierkiste ja auch zu nach Augenmaß und mit ganz viel Gefühl den kleinen Vogel auf die Landebahn zu setzen.

Unsere kleine Bierkiste, der 2-Sitzer:

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Und so sieht das Ganze dann in Aktion aus:

--> Anflug auf Wangerooge, Piste 10

Falls jemand fragt: Ich versuche im Endanflug möglichst immer segelnd, also mit Motor im Leerlauf, zu landen, um für den Fall der Fälle (=Motorausfall) zu üben und den Gleitweg abschätzen zu können, Augenmaß halt. Daher fahre ich die Landeklappen auch im Endanflug wieder ein Stück ein anstatt den Gashebel wieder etwas nach vorne zu schieben. Außerdem freuen sich die Nachbarn, weil es doch verdammt leise ist so zu landen.

Wie gesagt, in der Kiste ist sie schon mehrfach mtgeflogen und da war es wesentlich holpriger. Aber vom rechten Sitz aus kann man natürlich nach vorne gucken wo es hin geht. Und ja, ich bin da manchmal auch brutal ehrlich. Als wir z.B. Rinteln mit der nur 9m schmalen Piste angeflogen haben und es schon im Flug den Vogel ordentlich durchgeschüttelt hatte, fragte sie, ob wir wirklich dort landen sollten, eben weil die Piste so schmal ist. Meine Antwort war nur: "Wir versuchen es!"

Edited by cbk
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